3. Das Urkilogramm


1000 Gramm wiegt das Urkilogramm - das würde jeder sagen. Doch das stimmt nicht mehr! Das 1889 aus einer Platin-Iridium-Legierung hergestellte und seitdem in Paris aufbewahrte Urkilogramm dient zwar bis heute als Referenz für die Masse. Alle vierzig Jahre wird dieses Maß aller Kilos aus dem dreifach gesicherten Schrank hervorgeholt, um es mit den achtzig, um die ganze Welt verteilten Kopien abzugleichen. In den neunziger Jahren hatten Wissenschaftler mit Schrecken festgestellt, dass das am Pariser Bureau international des poids et mesures (BIPM) gelagerte Urkilogramm im Laufe der Jahre offenbar leichter geworden war als die Kopien. 0,00005 Gramm weniger Masse - das klingt nicht nach besonders viel. 

 


Doch für die Physiker am BIPM ist es eine kleine Katastrophe. Somit wog das Urkilogramm in den neunziger Jahren nur noch 999.99995kg – vielleicht heute noch weniger!

Deshalb wird das internationale Urkilogramm nach fast 130 Jahren im Herbst 2018 voraussichtlich in den wohlverdienten Ruhestand geschickt. Dann kommt die Welt zu einem metrologischen Gipfeltreffen zusammen, um über die Neudefinition des Kilogramms zu entscheiden. Wie der Meter und die Sekunde soll künftig auch das Kilogramm über unveränderliche Naturkonstanten definiert werden. Deshalb zählen Wissenschaftler in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) fleißig Atome in einer 28Silizium-(Si)-Kugel. Je genauer sie das tun, desto genauer können sie letztlich sagen, was ein Silizium-Atom wiegt. Damit ist der Sprung auf die Ebene der Naturkonstanten gelungen.

Im Zuge der Neudefinition des Urkilogramms entwickelt die PTB gemeinsam mit der Technischen Universität Ilmenau eine sogenannte Planck-Waage: Sie arbeitet nach dem Prinzip der elektromagnetischen Kraftkompensation: Eine Gewichtskraft auf der einen Seite der Waage wird durch eine elektromagnetische Kraft auf der anderen Seite ausgeglichen. Gewichtsstücke, sogenannte Masse-Normale, die Waagen bisher „sagen“, wie groß die Masse auf der Waage tatsächlich ist (z. B. 1 kg), werden dann nicht mehr benötigt. Ende des Jahres soll den Wissenschaftlern ein erster Prototyp der Planck-Waage zur Verfügung stehen. Damit kann geprüft werden, welche Entwicklungsschritte noch nötig sind, um die Waage für den industriellen Einsatz tauglich zu machen. Dies könnte der Startschuss für die Entwicklung einer ganz neuen, industrietauglichen Waagengeneration sein.

Quelle: Michael Schnatz , www.ptb.de